Pressemitteilung vom 11. Dezember 2023

Spendenjahr 2023: Das Spendenniveau in Deutschland pendelt sich beim langjährigen guten Durchschnitt außerhalb von „Katastrophenjahren“ ein

Im Zeitraum Januar bis September 2023 spendeten die Deutschen 3,2 Milliarden Euro. Die Prognose für das Gesamtjahr geht von Spendeneinnahmen in Höhe von rund 5 Milliarden Euro aus. Das entspricht dem guten Niveau der Jahre 2017 bis 2019. Die Einnahmen der Rekordjahre 2021 (Ahrtal-Hochwasser) und 2022 (Ukraine-Krieg) werden indes nicht erreicht. Die erneut sinkende Zahl der Spender betrachtet der Deutsche Spendenrat mit Sorge.

Berlin, 11. Dezember 2023 – Die Deutschen haben von Januar bis September 2023 rund 3,2 Milliarden Euro gespendet. Das sind rund 600 Millionen Euro weniger als im Vorjahr. Die diesjährigen Einnahmen entsprechen in etwa denen der guten Spendenjahre 2017 bis 2019. Die Einnahmen gingen vor allem in der Not- und Katastrophenhilfe zurück, die in den beiden Vorjahren starke Zugewinne verzeichnen konnte. Dieser Effekt lässt sich häufiger nach „Katastrophenjahren“ beobachten. Die Prognose für das Gesamtjahr sieht ein Spendenvolumen von rund 5 Milliarden Euro.

Das sind Ergebnisse der Erhebung der Consumer Panel Germany GfK GmbH „Trends und Prognosen“, die jährlich im Auftrag des Deutschen Spendenrats durchgeführt wird.

Rund 14 Millionen Menschen haben im Zeitraum Januar bis September 2023 Geld an gemeinnützige Organisationen oder Kirchen gespendet. Die Spenderzahl ist damit im Vergleich zum gleichen Betrachtungszeitraum 2022 um 2 Millionen Menschen gesunken. Der prozentuale Anteil der Spender an der Bevölkerung sank ebenfalls um 2,8 Prozentpunkte auf insgesamt 21,3 Prozent. Während in den Jahren 2006 und 2007 noch jeder dritte Deutsche spendete, dürfte es in diesem Jahr gerade jeder Fünfte gewesen sein. „Das ist vor dem Hintergrund der enormen Solidarität der vergangenen zwei Jahre nicht überraschend“, sagt Martin Wulff, Geschäftsführer des Deutschen Spendenrats e.V. „Unter Berücksichtigung der stärksten Teuerung seit 50 Jahren halte ich das diesjährige Spendenvolumen für bemerkenswert. Der deutliche Rückgang bei der Zahl der Spendenden – auf das niedrigste Niveau seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 2005 – ist allerdings besorgniserregend.“

Spendende geben mehr Geld – und das häufiger

Der Betrag der durchschnittlichen Spende pro Spendenakt stellt hingegen mit 37 Euro den dritthöchsten Betrag seit 2005 dar. Höhere Beträge pro Spende wurden nur in den Rekordjahren 2021 (40 Euro) und 2022 (41 Euro) verzeichnet. Durchschnittlich gab es in diesem Jahr sechs Spendenleistungen pro Spender. Das ist der höchste Wert seit 2005.

Größte Spendenrückgänge bei Not- und Katastrophenhilfe

Die Humanitäre Hilfe stellt mit 76,8 Prozent (Vorjahr 76,7 Prozent) unverändert den Hauptanteil am Gesamtspendenvolumen. Nach Einnahmen in Höhe von 2,91 Milliarden Euro im Betrachtungszeitraum des Vorjahres wurden in den ersten neun Monaten dieses Jahres Einnahmen in Höhe von 2,421 Milliarden Euro verzeichnet (minus 489 Millionen Euro). Den größten Anteil daran macht mit 689 Millionen Euro die Unterkategorie Not- und Katastrophenhilfe aus. Diese verzeichnet im ersten Jahr nach Beginn des Ukraine-Krieges einen Spendenrückgang von 472 Millionen Euro. Dieser Effekt ließ sich auch nach den Katastrophen der Jahre 2005 (Tsunami in Thailand), 2010 (Hurrikan auf Haiti) und 2015 (Erdbeben-Nepal; Syrien-Krieg) beobachten. Trotz des deutlichen Rückgangs waren die Spendeneinnahmen 2023 in diesem Bereich aber immer noch fast doppelt so hoch wie vor der Pandemie (Januar-September 2019).

Bis auf den Bereich der Sonstigen humanitären Hilfe haben auch die anderen Unterkategorien der Humanitären Hilfe (wie Kirche/Religion; Kinder- und Jugendhilfe; Krankheit/ Behinderung) Verluste bei den absoluten Spendensummen zu verzeichnen. Der Bereich der Sonstigen humanitären Hilfe (Entwicklungshilfe; Bildung; Sonstige Hilfe) konnte als einziger Bereich seine Einnahmen von zuletzt 395 Millionen Euro auf 430 Millionen Euro im Jahr 2023 erhöhen. Im Vergleich der in diesem Jahr besonders betrachteten Kalenderjahre 2019 und 2023 fällt auf, dass der Bereich „Kirche/Religion“ seit 2019 rund 30 Prozent seiner Spendeneinnahmen verloren hat (713 Millionen Euro in 2019 und 503 Millionen Euro in 2023, jeweils Jan. – Sept. d.J.).

Spendeneinnahmen für Flüchtende

Die Spendeneinnahmen für Flüchtende normalisieren sich wieder, sie liegen aber mit 316 Millionen Euro immer noch höher als 2019 (188 Millionen Euro). Im Vergleichszeitraum 2022 waren es hingegen 949 Millionen Euro.

Die internationale Hilfeleistung kann dennoch ihren Marktanteil, den sie im Jahr des beginnenden Ukraine-Krieges von 34 Prozent auf 50 Prozent ausgebaut hatte, wiederholen. Entsprechend niedriger fallen seit zwei Jahren die Einnahmen für nationale/deutschlandweite Projekte aus. Nach 23 Prozent im Jahr 2022 sind es in den ersten drei Quartalen des laufenden Jahres nur noch 20 Prozent. Lokale Projekte konkurrieren hingegen kaum mit deutschlandweiten oder internationalen Hilfeleistungsprojekten um die Gunst der Spender. Sie kommen seit vielen Jahren auf einen Marktanteil von ca. 30 Prozent, in diesem Jahr auf 29 Prozent.

Spendenbereitschaft motiviert Flüchtlingshelfer

Peter Ruhenstroth-Bauer, Nationaler Direktor der UNO-Flüchtlingshilfe e. V. resümiert das Spendenverhalten der Deutschen Bezug auf die Flüchtlingshilfe so: „Die Spendenbereitschaft der Zivilgesellschaft ist großartig und motiviert alle, die sich tagtäglich für Geflüchtete einsetzen – insbesondere vor dem Hintergrund der verschärften Tonlage in den Debatten um Flucht und Migration. Die Hilfsbereitschaft ist auch dringend nötig, denn die Not- und Katastrophenfälle nehmen ebenso zu wie die Anzahl derer, die aufgrund von Konflikten, Verfolgung oder wegen der Folgen des Klimawandels fliehen müssen.“

Spendenverhalten im Bereich der nicht humanitären Hilfe

Auch außerhalb der humanitären Hilfe (Kultur- und Denkmalpflege; Natur-, Umwelt- und Klimaschutz; Tierschutz; Sport; Sonstiges) haben die Deutschen bisher weniger gespendet als im Vergleichszeitraum 2022. Waren es im Vorjahr noch 884 Millionen Euro, sind es im Jahr 2023 bisher 731 Millionen Euro. Bemerkenswert ist dabei, dass die medial stark aufgeladenen Themen Natur-, Umwelt- und Klimaschutz mit rund 92 Millionen Euro nur 2,9 Prozent des gesamten Spendenvolumens ausmachen.

Spenden nach Altersgruppen

Nach wie vor spendet die Generation 70plus am meisten. Ihr Anteil am Gesamtspendenvolumen liegt in diesem Jahr bei 42,0 Prozent nach 41,6 Prozent 2022. Die Altersgruppe der 50- bis 59-Jährigen verlor 738.000 Spendende. Ungewöhnlich ist der dem Trend des Jahres entgegenstehende Anstieg der Zahl der Spendenden in der Altersgruppe der 30- bis 39-Jährigen. Hier haben 215.000 Menschen mehr gespendet als 2022. Diese Altersgruppe hat auch bei der Höhe der im Jahr gespendeten Beträge von 210 Euro auf 253 Euro zugelegt. Vergleicht man dabei 2019 und 2023, so hat die Gruppe ihre Spenden von 161 Euro jährlich um 56 Prozent auf 253 Euro gesteigert. „Diese Zahl lässt darauf hoffen, dass es auch in Zukunft zahlreiche Spendende in Deutschland gibt“, sagt Martin Wulff, Geschäftsführer des Deutschen Spendenrates e.V.

Prognose für das gesamte Jahr 2023

Berücksichtigt man die Inflation der vergangenen 18 Monate und die erwartbare Normalisierung des Spendenverhaltens nach den Rekord-Hilfeleistungen der Jahre 2021 und 2022, fällt das erwartete Gesamtspendenergebnis des Jahres 2023 mit fast 5 Milliarden Euro immer noch bemerkenswert gut aus.
„Zukünftig wird es für unsere Zivilgesellschaft und mit ihr für die spendensammelnden Organisationen darum gehen, Maßnahmen zu entwickeln, die das Geben zu einer selbstverständlicheren Geste der Menschen macht und die ‚Gute Tat‘ noch spürbarer wertschätzt“, resümiert Martin Wullf. Voraussetzung dafür seien u.a. zuverlässige und transparent arbeitende Spendenorganisationen, die unter Einhaltung ethischer Grundsätze nachvollziehbare Projekte zur Linderung der Not der Menschen im In- und Ausland umsetzen. Unverzichtbar sei dabei, dass über die Verwendung der dafür eingesetzten Spendengelder freiwillig und für jedermann überprüfbar Rechenschaft ablegt wird.

Zur Erhebung

Die „Bilanz des Helfens – Trends und Prognosen“ wird von Consumer Panel Germany GfK GmbH, einem weltweit führenden Anbieter von Daten und Analytik, im Auftrag des Deutschen Spendenrats e.V. durchgeführt. Sie ist ein Teilergebnis der Studie GfK Charity Panels, die auf kontinuierlichen schriftlichen Erhebungen bei einer repräsentativen Stichprobe von 10.000 Panelteilnehmern basiert. Das GfK Charity Panel ermittelt fortlaufend Daten zum Spendenverhalten von privaten Verbrauchern in Deutschland. Unter anderem werden Spendenvolumen, Spendenhöhe und bevorzugte Tätigkeitsbereiche abgefragt. Als Spende zählen die von deutschen Privatpersonen freiwillig getätigten Geldspenden an gemeinnützige Organisationen, Hilfs- sowie Wohltätigkeitsorganisationen und Kirchen. Nicht enthalten sind Erbschaften und Unternehmensspenden, Spenden an politische Parteien und Organisationen und gerichtlich veranlasste Geldzuwendungen, Stiftungsneugründungen und Großspenden über 2.500 Euro.

Weitere Informationen

Martin Wulff
Deutscher Spendenrat e.V.

T +49 30 83001502
wulff@spendenrat.de

Bianca Corcoran-Schliemann
Consumer Panel Deutschland GfK GmbH
T +49 911 395 3883
bianca.corcoran-schliemann@gfk-cps.com

Lars Kolan
Deutscher Spendenrat e. V.

T: +49 30 83001502
kolan@spendenrat.de


Zum Deutschen Spendenrat e.V.

Seit 30 Jahren setzen sich die Mitgliedsorganisationen des Deutschen Spendenrats e.V. für die Stärkung von Transparenz im deutschen Spendenwesen ein. Der Deutsche Spendenrat ist ein gemeinnütziger Dachverband von 71 spendensammelnden, gemeinnützigen Organisationen aus den Bereichen soziale und humanitäre Hilfe, Umwelt und Tierschutz, Kunst- und Kultur sowie Denkmalschutz. Mitglieder sind u.a. Deutsches Rotes Kreuz e.V. Bundesverband, Arbeiter-Samariter-Bund, Maltester Hilfsdienst, Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft, Bethel, Aktion Deutschland Hilft, Deutsche Stiftung Denkmalschutz. Die Mitgliedsorganisationen setzen jährlich ein Geldmittelvolumen von deutlich über 2,1 Mrd. Euro ein. Der Deutsche Spendenrat e.V. vertritt diese gegenüber der Öffentlichkeit sowie staatlichen, politischen und privaten Gremien. Die Mitglieder verpflichten sich, keine sittenwidrige Werbung einzusetzen und hohe Qualitätsstandards einzuhalten. Unter anderem sind Strukturen, Tätigkeit und Finanzen im Rahmen eines Jahresberichts jährlich und transparent offenzulegen. Verbraucher können sich beim Deutschen Spendenrat Informationen und Tipps für sicheres Spenden einholen. Seit dem Frühjahr 2017 verleiht der Deutsche Spendenrat e.V. erstmals ein Spendenzertifikat an Mitgliedsorganisationen. Das Spendenzertifikat des Deutschen Spendenrats e.V. ist das einzige Prüfverfahren in Deutschland, bei dem externe Wirtschaftsprüfer die Qualitätskontrolle des Spendenzertifikats übernehmen.

Weitere Informationen über den Spendenrat finden Sie unter www.spendenrat.de.


Die Studie zum „Spendenjahr 2023: Trends + Prognose“ können Sie hier herunterladen:

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