Pressemitteilung vom 07. Januar 2020

Stellungnahme Deutscher Spendenrat e.V. zu den geänderten Bedingungen der Dialog-Post

Sehr geehrter Herr Houben,

vielen Dank für die Möglichkeit der Stellungnahme zur derzeitigen Nutzbarkeit der Dialogpost durch gemeinnützige Organisationen. Der Deutsche Spendenrat e.V. nimmt diese Möglichkeit gerne wahr.

1. Zum Deutschen Spendenrat e.V.

Der Deutsche Spendenrat e.V. wurde 1993 als Interessenvertretung spendensammelnder gemeinnütziger Organisationen gegründet. Vorbild waren dabei der Deutsche Werberat und der Deutsche Presserat.

Der Deutsche Spendenrat e.V. ist heute der gemeinnützige Dachverband Spenden sammelnder gemeinnütziger Organisationen in Deutschland. Transparenz, Sicherheit, Glaubwürdigkeit, ethische Standards und Rechenschaft sind Stichworte, denen sich die Mitglieder des Deutschen Spendenrates e.V. bis heute unterwerfen und verpflichtet wissen. Der Deutsche Spendenrat e.V. setzt sich daher für die Stärkung von Transparenz und für bessere gesetzliche Rahmenbedingungen im deutschen Spendenwesen ein. Dazu gehören u.a. auch die Entbürokratisierung und Vereinfachung des Gemeinnützigkeitsrechts und die Schaffung einheitlicher, klarer, verständlicher Rechnungslegungs- und Nachweispflichten für gemeinnützige Organisationen.

Der Deutsche Spendenrat e.V. hat derzeit 68 Mitglieder mit einem kumulierten jährlichen Zufluss an Spenden und spendenähnlichen Mitteln, wie etwa Erbschaften und Zustiftungen, von über 1,1 Milliarden Euro. Damit repräsentiert der Deutsche Spendenrat e.V. über ein Fünftel der jährlichen privaten Gesamtspenden in Deutschland.

Die Mitglieder des Deutschen Spendenrat e.V. sind jedoch nicht ausschließlich große Organisationen, sondern sind ein Spiegelbild des „Dritten Sektors“. Sehr kleine, kleine und mittelgroße Organisationen sind dementsprechend ebenso vertreten, wie große oder sehr große Organisationen. Weithin bekannte Mitglieder des Deutschen Spendenrates sind u.a. Aktion Deutschland Hilft, die von Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel, der Arbeiter-Samariter-Bund, die Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger, die Deutsche Lebens-Rettungsgesellschaft, der Deutsche Tierschutzbund, das Deutsche Rote Kreuz, der Malteser Hilfsdienst, Oxfam Deutschland, World Vision Deutschland und die Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland. Eine vollständige Liste der Mitglieder finden Sie unter: https://www.spendenrat.de/mitglieder/mitgliederliste/.

2. Zur Nutzbarkeit der Dialogpost durch die Mitglieder des Spendenrates e.V.

Die Mitglieder des Deutschen Spendenrates haben die Möglichkeit der portooptimierten Versendung von Mailings in der Vergangenheit in verschiedenen Bereichen sehr rege genutzt. Dies gilt in allererster Linie natürlich für Spendenaufrufe, aber auch für weitere Bereich wie dem Versand von Zuwendungsbescheinigungen, Versand von Jahresberichten an Spenderinnen und Spender oder etwa bei Mailings an Staatsanwälte und Richter, in denen um die Zuweisung von Geldauflagen gebeten wird.

Dies war insofern unproblematisch, weil mit der Dialogpost bisher sowohl werbliche, als auch nicht-werbliche Inhalte versendet werden konnten. Nachdem die Bundesnetzagentur aufgrund eines rechtskräftigen Urteils des Verwaltungsgerichts Köln die Deutsche Post aufgefordert hat, ab dem 1. Januar 2020 den Versand von Briefen zu Dialogpostkonditionen auf rein werbliche Sendungen zu begrenzen, hat die Deutsche Post zum Neujahr die Bedingungen der Dialogpost entsprechend angepasst.

Nach Auskunft der Deutschen Post ist der werbliche Inhalt dann Hauptzweck der Sendung, wenn der Versand

  • aus schriftlichen Mitteilungen besteht, die der Kunden- bzw. Mitgliederbindung und Mitgliedergewinnung dient,
  • der Motivation von Kunden oder Mitgliedern zum Kauf oder Nutzung von Produkten und Dienstleistungen dient, oder
  • kostenlose Angebote unterbreitet werden, oder spezielle Informationen gegeben werden, die einer positiven Darstellung von Unternehmen, Marken, Produkten oder Personen dienen, wobei konkrete Kaufangebote nicht unterbreitet werden müssen.

Die Anpassung der Dialogpostbedingungen wirkt sich leider nicht nur auf die Mitglieder des Deutschen Spendenrates sehr negativ aus, sondern auf sämtliche spendensammelnde Organisationen in Deutschland. Denn während einzelne der oben genannten Beispiele von üblichen Mailings wohl auch in Zukunft weiterhin portooptimiert über die Dialogpost stattfinden können, etwa direkte Spendenaufrufe, ist dies bei anderen Mailings entweder fraglich, oder sogar teilweise sogar ausdrücklich ausgeschlossen.

Ausdrücklich ausgeschlossen von der Dialogpost ist nach Auskunft der Deutschen Post insbesondere der Versand von Geschäfts- und Jahresberichten der Organisationen. Nicht ausdrücklich im Informationsmaterial der Deutschen Post ausgeschlossen, aber ganz offensichtlich nicht unter die o.g. Definition werblicher Inhalte zu subsumieren, ist der Versand von Zuwendungsbescheinigungen an Spenderinnen und Spender. Dies gilt zumindest für Zuwendungsbescheinigungen für Spenden mit Wert von 200 Euro oder mehr. Diese Zuwendungsbescheinigungen dienen lediglich zum Nachweis der Spende bei der steuerlichen Geltendmachung durch den Spender oder die Spenderin.

Hinsichtlich der Versendung von Zuwendungsbescheinigungen für Spenden von weniger als 200 Euro ist die Nutzbarkeit der Dialogpost zumindest fraglich. Hintergrund ist hier, dass bis zu dieser Geldbetragsgrenze zur steuerlichen Geltendmachung als Beleg der Spende auch ein Kontoauszug genügt. Ein Versand ist somit eigentlich unnötig und wird von den spendensammelnden Organisationen nur deshalb durchgeführt, um einen weiteren Kontaktgrund mit dem Spender zu erzeugen. Insofern muss der Versand dieser Zuwendungsbescheinigungen eigentlich als Bindungsmaßnahme i. S. d. oben genannten Definition werblichen Inhalts gelten. Eine klare Stellungnahme der Deutschen Post zu dieser Frage gibt es, im Gegensatz etwa zur Frage des Versands von Geschäfts- und Jahresberichten, jedoch nicht.

Bezüglich der Versendung von Mailings an Staatsanwälte und Richter mit der Bitte um Zuweisung von Geldauflagen gilt ebenso das oben gesagte, es gibt hier jedoch bereits erste Praxiserfahrungen. So bestehen bei verschiedenen Dialogmarketingzentren unterschiedliche Auffassungen über die Möglichkeit zur Nutzbarkeit der Dialogpost. Die Post hat zwar mündlich formuliert, dass jedes Mailing vom Produktmanagement geprüft und ggf. für Dialogpost freigegeben wird. Planungssicherheit ist dadurch jedoch natürlich nicht gegeben.

3. Auswirkungen der Reform der Dialogpost-Bedingungen

Die Reform der Dialogpost-Bedingungen hat verschiedenste Auswirkungen auf die spendensammelnden Organisationen. Diese sind zunächst natürlich finanzieller Art. So hat alleine der Entfall der Portooptimierung bei der Versendung von Zuwendungsbescheinigungen beispielsweise für den Malteser Hilfsdienst e.V. eine Steigerung der Portokosten von bis zu 60.000 Euro pro Jahr zur Folge. Auf die gesamte Mitgliedschaft des Deutschen Spendenrates hochgerechnet ergibt sich daraus eine kumulierte Belastung von ca. 3 Mio. Euro bis 3,5 Mio. Euro, bei konservativer Rechnung. In Anbetracht der Tatsache, dass in Deutschland insgesamt ca. 630.000 als gemeinnützig anerkannte Organisationen existieren, die allesamt grundsätzlich zur Ausstellung von Zuwendungsbescheinigungen berechtigt sind, dürfte die Gesamtbelastung dieser Organisationen exponentiell höher liegen, selbst wenn nur ein Bruchteil der 630.000 Organisationen tatsächlich Spenden sammelt und Zuwendungsbescheinigungen ausstellt.

Die zusätzliche finanzielle Belastung der Organisation aus dem nicht mehr portooptimierten Versand von Geschäfts- und Jahresberichten dürfte sogar noch höher liegen, als die Belastung aus dem verteuerten Versand von Zuwendungsbescheinigungen. Der SOS-Kinderdorf e.V. verschickt ca. 250.000 derartige Sendungen pro Jahr, sodass alleine auf diese Organisation ein mittlerer sechsstelliger Betrag an Mehrkosten zukommt. Erneut ist darauf hinzuweisen, dass die Gesamtkosten für die gemeinnützigen Organisationen in Deutschland insgesamt erheblich höher liegen werden.

Diese Mehrkosten stehen den von den Organisationen unterstützten, oder selbst betriebenen, Hilfsprojekten nicht mehr zur Verfügung, sondern werden lediglich die Verwaltungs- und Werbekostenquote der Organisationen in die Höhe treiben. Das macht es für die Organisationen umso schlimmer, da sie sich hinsichtlich dieser Kosten natürlich einem erheblichen Rechtfertigungsdruck der Spenderinnen und Spender, aber auch der restlichen Öffentlichkeit ausgesetzt sehen.

Die Auswirkungen der Dialogpost-Reform sind allerdings auch nicht-finanzieller Art, was für den Deutschen Spendenrat e.V. vor dem Hintergrund des Vereinszwecks der Durchsetzung einer möglichst Transparenz und Seriosität im Bereich spendensammlender Organisationen besonders schmerzhaft ist. Die nunmehr vom Dialogpost-Versand ausdrücklich ausgeschlossenen Geschäfts- und Jahresberichte der Organisationen sind ein ganz zentrales Instrument zur Herstellung der Transparenz im Dritten Sektor. Sie sind ein leicht zugänglicher Ort gebündelter Informationen über die Organisationen, deren Organisations- und Personalstruktur, Tätigkeiten und vor allem auch über deren Finanzen. Damit stellen Geschäfts- und Jahresberichte, neben den Zertifikaten und Siegeln der verschiedenen Transparenzinitiativen, die wohl wichtigste Informationsquelle zur Überprüfung der Förderungswürdigkeit der Organisationen für Spenderinnen und Spender dar. Alleine die erschwerte Verbreitung dieser Veröffentlichungen ist ein massiver Schlag im Kampf um Transparenz.

4. Möglichkeit alternativer Versandmöglichkeiten

Als Reaktion auf die geänderten Rahmenbedingungen des Versands per Dialogpost stehen den Mitgliedern des Deutschen Spendenrates nur sehr eingeschränkte Handlungsmöglichkeiten zur Verfügung.

  • Hinsichtlich des Versands von Zuwendungsbescheinigungen für Spenden von unter 200 Euro besteht die realistische Chance, dass diese ersatzlos gestrichen werden, da diese gerade nicht verpflichtend für den Nachweis bei der steuerlichen Geltendmachung sind. Der Entfall ist nach Auskunft einzelner Mitglieder des Deutschen Spendenrates sogar dann eine ernstzunehmende Alternative, wenn die eigentlich guten Spendenerlöse aufgrund der Ansprache beim Versenden der Zuwendungsbescheinigungen mit in die Entscheidung einbezogen werden. Die gegebenenfalls auch bei der Deutschen Post bestehenden Aussichten auf höhere Portoerlöse würden sich in diesem Fall im Gegenteil als Verlust von Portoumsätzen realisieren.
  • Mit Blick auf den Versand von Zuwendungsbescheinigungen über der Grenze von 200 Euro bestehen wenig bis keine Alternativen zum Versand per Post, selbst bei erhöhtem Portopreis. Der rein theoretisch denkbare Versand auf elektronischem Weg sind ganz faktisch zwei Grenzen gesetzt. Einerseits wird der elektronische Versand der Altersstruktur der Spenderinnen und Spender nicht gerecht. Knapp 41 % der gesamten deutschen Privatspenden werden von der Altersgruppe 70 plus getätigt. Von einer breiten und intensiven Nutzung des Internets ist in dieser Altersgruppe bei lebensnaher Betrachtung nicht auszugehen.

    Andererseits steht dem Versand auf elektronischem Weg auch entgegen, dass die E-Mail-Adressen der Empfänger nach DSGVO mit einem Opt-In vorliegen müssten. Mit Blick auf die soeben erörterte Altersstruktur der Empfänger erscheint dies gänzlich unrealistisch.
  • Der Versand umsatzstarker Mailings von Geschäfts- und Jahresberichten droht, trotz des damit einhergehenden Rückschlags für die erwünschte Transparenz der Branche, großflächig eingestellt zu werden. Die Kosten für diese Mailings haben, auch vor dem Hintergrund einer sich stetig verschlechternden Zustellqualität, eine derart unwirtschaftliche Größenordnung erreicht, dass ein fortgesetzter Versand kaum noch zu rechtfertigen ist.

    Alternative Postdienstleister anstelle der Deutschen Post sind für spendensammelnde Organisationen ebenfalls keine Alternative, da diese im Regelfall nur 60 bis 70 Prozent des Bundesgebietes mit Zustellung abdecken.

5. Forderungen zur Verbesserung der Rahmenbedingungen.

Der Deutsche Spendenrat e.V. erhebt deshalb die kurzfristige Forderung, dass die den Rahmenbedingungen der Dialogpost zugrunde liegenden gesetzlichen Regelungen so ausgestaltet werden, dass Zuwendungsbescheinigungen – unabhängig von der Spendenhöhe – grundsätzlich per Dialogpost verschickt werden können. Dies gilt ebenfalls für den Versand von Geschäfts- und Jahresberichten.

Mittelfristig fordern wir jedoch darüber hinaus die Einführung eines „Gemeinnützigkeitsportos“, etwa nach Vorbild unserer österreichischen Nachbarn. Dies wäre mit Blick auf die finanziellen und verwaltungstechnischen Belastungen des jetzigen Portosystems eine ganz enorme Entlastung der Organisationen und würde unmittelbar den geförderten Projekten zugutekommen.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Max Mälzer
Geschäftsführer


1 Die privaten Gesamtspenden beliefen sich in 2018 auf 5,33 Mrd. Euro. In 2019 wird diese Summe nur leicht auf 5,262 Mrd. Euro bis 5,289 Mrd. Euro sinken („Trends und Prognosen 2019“, Seite 29, GfK und Deutscher Spendenrat e.V.).

2 Zusammen mit der Altersgruppe 60 bis 69 Jahre liegt der Anteil am Gesamtspendenvolumen sogar bei 55 % („Trends und Prognosen 2019“, Seite 16, GfK und Deutscher Spendenrat e.V.).

3 Die ursprüngliche Zustelldauer im Rahmen der normalen Dialogpost hat sich im Regelfall von zwei auf vier Tage verlängert. In einigen Regionen Deutschlands sind es jedoch teilweise auch mehr als zehn Tage.


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